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Und täglich grüßt die Nachtmusik (S. 187-188)
Melanie Unseld
Gedanken über die ›Klassik-Hits‹ des Repertoires
Bill Murray alias Phil Connors wacht am 2. Februar morgens in einem Hotelzimmer in der Kleinstadt Punxsutawney/Pennsylvania auf, aus dem Radiowecker tönt I Got You Babe,1 ein Kultsong der Hippiebewegung über ein freies, selbstbestimmtes Leben. Keineswegs frei und selbstbestimmt aber nimmt die Handlung ihren Fortgang: Connors soll wieder einmal für das Fernsehen über den jährlich an diesem Tag stattfindenden Groundhog Day (der deutschen Lichtmess vergleichbar) berichten.
Vor allem aber beginnt am nächsten Morgen wieder der 2. Februar, ebenso am darauffolgenden … Der misanthropische TV-Reporter Connors befindet sich – so wird ihm zunächst qual-, dann zusehends lustvoller bewusst – in einer Zeitschlaufe, die mit immer demselben Song im Radio beginnt. In der US-amerikanischen Filmkomödie Und täglich grüßt das Murmeltier3 aus dem Jahr 1993 beginnt damit auch eine Parabel über den freien Willen. Bezeichnenderweise ist Phil Connors TV-Wetteransager und damit Teil der Medienwelt, die in immergleichen Berichten jährlich über das Ereignis am Groundhog Day berichtet.
Das Immergleiche des jährlichen Murmeltiertages aber spitzt sich zu, wird zum Immergleichen an jedem Tag. Ebenso bezeichnend ist, dass Connors allmorgendlich mit immer demselben Song im Radio geweckt wird, ohne dass ihm, dem Medienfachmann, dies als Beweis genügte, an eine Zeitschlaufe zu glauben. Diese deutliche Medienkritik, das Phänomen des Immergleichen, ist ohne Weiteres auch auf deutsche Verhältnisse zu übertragen, auch auf jene Medien, die so genannte »klassische Musik« verbreiten. Dieser ›Murmeltier-Effekt‹ arbeitet damit einem potentiellen Repertoire entgegen, das angesichts des gegenwärtigen Tonträgermarkts und der Möglichkeiten des Internets von einer Vielfalt geprägt ist, wie sie bislang nicht möglich war.
Die tatsächliche Verengung des Repertoires steht damit der Fülle des Möglichen gegenüber, womit die Frage brisant wird, welche Faktoren zu dieser Verengung des Repertoires führen. Hierauf Antworten zu finden, tangiert medienpolitische und ökonomische, gesellschaftliche und kulturelle, kulturpolitische und curriculare, (musik)pädagogische und musikhistorische Bereiche. Weit davon entfernt, diese vielfältigen und vielfältig vernetzten Bereiche im Detail angemessen berücksichtigen zu können, verstehen sich die folgenden Überlegungen als Anstöße, über historische Hintergründe dieser kulturellen Verengung ebenso nachzudenken wie über die Notwendigkeit, aus dieser Zeitschlaufe einen Ausweg zu finden.
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