Bei Vielfalt Chancengleichheit. Interkulturelle Pädagogik und Durchgängige Sprachbildung

von: Marianne Krüger-Potratz (Hrsg.), Ursula Neumann (Hrsg.), Hans H. Reich (Hrsg.)

Waxmann Verlag GmbH, 2010

ISBN: 9783830973591 , 364 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: frei

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 34,10 EUR

Mehr zum Inhalt

Bei Vielfalt Chancengleichheit. Interkulturelle Pädagogik und Durchgängige Sprachbildung


 

Der Aufbau bildungssprachlicher Kompetenzen beim Lehren und Lernen fremder Sprachen (S. 244-245)

Herbert Christ

Mein Ausgangspunkt ist Ingrid Gogolins Beitrag zur 27. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts, in dem sie von der „Herausforderung Bildungssprache“ sprach (vgl. Gogolin, 2007). Sie äußerte damals die Vermutung, „dass Bildungssprache domänenspezifische Ausprägungen besitzt, die in Unterrichtsfächern bzw. Fächergruppen abgebildet sind.

Für die Praxis folgt hieraus, dass der Unterricht in Fächern bzw. Fächergruppen zur Entwicklung spezifischer Teilkompetenzen beitragen muss, die sich in ihrer Gesamtheit zum Konstrukt ‚Bildungssprache‘ verbinden“ (Gogolin, 2007, S. 77). Ich werde dieser Vermutung nachgehen und die spezifischen Teilkompetenzen festzustellen versuchen, die beim Lehren und Lernen fremder Sprachen vermittelt werden und die zum Aufbau allgemeiner bildungssprachlicher Kompetenzen beitragen können.

Bildungssprache und bildungssprachliche Kompetenzen beim Lehren und Lernen fremder Sprachen


Ingrid Gogolin bezeichnet Bildungssprache als einen spezifischen Ausschnitt aus sprachlicher Kompetenz, der „besonders relevant ist im Kontext von Bildung“ (Gogolin, 2009, S. 263). Jürgen Habermas (1977) verortet sie, anknüpfend an Max Scheler (1960), in der Triade Umgangssprache, Bildungssprache und Wissenschaftssprache, die alle drei ihren je eigenen sozialen Ort haben: Umgangssprache kennen wir aus der privaten Rede.

Bildungssprache ist Rede in der Öffentlichkeit. Wissenschaftssprache (als Fachsprache unter Fachsprachen) macht Rede unter Fachgenossen über Fachliches möglich. Bildungssprache ist also für Habermas ein Scharnier zwischen Umgangssprache und Fachsprache(n). Sie bereichert die Umgangssprache mit Fachlichem und macht durch Elemente der Fachsprachen Fachwissen auch für Nichtfachleute zugänglich. Charakteristisch für die Bildungssprache sind die „Disziplin des schriftlichen Ausdrucks“ und der „differenziertere, Fachliches einbeziehende Wortschatz“ (Habermas, 1977, S. 39).

Ingrid Gogolin spricht in diesem Zusammenhang von „konzeptioneller Schriftlichkeit“ und von „Schriftförmigkeit“. Bildungssprache ist „informationsverdichtet“, „situationsentbunden“ und weitgehend „kontextunabhängig“ (Gogolin, 2006, S. 82–83). Gogolin erläutert diese Charakteristika der Bildungssprache mit Bezug auf Basil Bernsteins Konzept des „vertikalen“ Diskurses, der dem „horizontalen“ Diskurs der Umgangssprache gegenübersteht (vgl. Bernstein, 1999). Kurzum, Bildungssprache ist (anders als spontane Rede) „konzeptionell schriftlich“ und weitgehend „schriftförmig“. Sie kommt gleichwohl mündlich und schriftlich zum Ausdruck.