Der Tod gibt zu denken. Interdisziplinäre Reflexionen zur (einzigen) Gewissheit des Lebens

von: Verena Begemann (Hrsg.)

Waxmann Verlag GmbH, 2010

ISBN: 9783830973638 , 217 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: frei

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Preis: 19,90 EUR

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Der Tod gibt zu denken. Interdisziplinäre Reflexionen zur (einzigen) Gewissheit des Lebens


 

Sinnerfülltes Leben und Sterben (S. 135-136)

Manfred Hillmann


Ein Mensch wird geboren. Er findet sich in der Welt vor, sein Bewusstsein erwacht. Er wird sich fragen, hoffentlich, was es denn mit dem Leben und der Welt so auf sich hat, welchem Ziel oder welchem Sinn denn sein Leben dienen soll. Die Antwort kann vielfältig ausfallen. Es kann sein, dass jemand meint, die Welt sei ein großer Jahrmarkt, auf dem man sich vor allem nach bestem Vermögen amüsieren und vergnügen sollte. Oder jemand sieht die Welt als einen großen Kampfplatz an, auf dem es in erster Linie um das Erringen von Vorteils- und Machtpositionen gehe.

Es fragt sich aber, ob diese Standpunkte, sofern ihnen ein zu hoher Eigenwert beigemessen wird, menschlich gesehen nicht leere Standpunkte sind. Wer tiefer in sich hineingräbt und offenen Herzens weitsichtig in die Welt schaut, bemerkt, dass er noch keine feste Lebensbasis gefunden hat. Die ergibt sich erst in der Sinnerfüllung, der eine gelungene Sinnfindung vorausgeht.

Nach Viktor E. Frankl, dessen Schule der Logotherapie im Folgenden näher erläutert wird, hat der Mensch einen Willen zum Sinn. Dieser ist im Menschen tiefer verwurzelt als etwa der Wille zur Lust oder der Wille zur Macht. Sofern der Mensch sich seiner selbst, seiner Eigentlichkeit, bewusst wird, erkennt er, dass es ihm letztendlich um Sinnerfüllung geht.

Denn das ist es, was auch angesichts von Schuld, Leid und Tod noch Bestand hat. Grundlagen der Logotherapie Die Logotherapie ist eine Schule der Psychotherapie oder auch der Psychologie, in der das Streben des Menschen nach Sinn im Mittelpunkt steht. Frankl hat die Logotherapie in der kritischen Auseinandersetzung mit den psychologischen Theorien von Sigmund Freud und Alfred Adler entwickelt. In der besonderen Einbeziehung der geistigen Dimension, welche die eigentliche Dimension des Menschen ist, gelingt Frankl nunmehr eine ganzheitliche Beschreibung des Menschen.

Daraus leitet sich dann die praktische Vorgehensweise bei Beratung und Therapie ab. Die Logotherapie wird auch die „Dritte Wiener Richtung der Psychotherapie“ genannt; die erste und zweite Richtung sind Psychoanalyse und Individualpsychologie. Damit kommt ihr eine zentrale Stellung zu. Man sagt von der Logotherapie, dass sie in Zukunft einen großen Einfluss ausüben wird. Sie führt den Menschen weg von der fruchtlosen Selbstzentriertheit hin zur gelingenden Auseinandersetzung mit sich und der Welt, mit dem Logos (gr. logos = Sinn), dem Werte- und Sinnhorizont.

Die Logotherapie verfügt nicht nur über ein therapeutisches Spezialwissen, sondern auch über ein psychologisches Allgemeinwissen, das jedem interessierten Laien zugute kommen kann. Wer sein Leben bewusster leben möchte, findet in der logotherapeutischen Literatur eine Fülle von Erklärungen und praktischen Ratschlägen, die sich im Lebensalltag anwenden lassen. Für den Klärungsprozess des Lebens bietet die Logotherapie einen Erfahrungsschatz, der sich zwischen Wissenschaft und Weisheit spannt. Logotherapie leistet dem Menschen Beistand auf dem Weg zum Sinn, zu seinem authentischen Selbst und zu einem erfüllten Leben.