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Von wirtschaftlicher Macht und militärischer Stärke. Beiträge zur archäologischen Geschlechterforschung - Bericht der 4. Sitzung der AG Geschlechterforschung auf der 79. Jahrestagung des Nordwestdeutschen Verbandes für Altertumsforschung e.V. in Detm


 

Virtus feminarum (S. 187-188)

Antike Herrscherinnen im Krieg

PETER EMBERGER

Zusammenfassung


Der Aufsatz beschäftigt sich mit ausgewählten Herrscherinnen der antiken Welt und geht der Frage nach, wie antike Schriftsteller, insbesondere Polyainos in seiner Strategika, diese in Krisensituationen wahrgenommen haben. Dabei zeigt sich, dass diese Frauen oftmals als dem männlichen Geschlecht überlegen dargestellt werden. Zudem sind sie selbstständig fähig, ohne Männer an ihrer Seite Kriege zu führen oder Völker zu regieren.

Abstract


This essay considers some important female rulers of the ancient world and the way were seen by the classical writers of antiquity, especially Polyainos in his Stratagems of War. In these historical accounts women are often depicted as the stronger gender, and not at all dependent on their male contemporaries. Their intellect enabled them to be active in warfare and to rule over their people. In addition, this analysis demonstrates how powerful these women really were and shows that they could wield royal power without male consorts at their side.

Rosmarie Günther bemerkt in ihrem Aufsatz „Krieg – Sache der Männer?“, dass Frauen „zu allen Zeiten Anteil am Krieg“ hatten, „sei es als Kämpferinnen, sei es als Helferinnen kämpfender Männer und Trägerinnen geltender Normen oder als Opfer“ (Günther 2007, 87; vgl. hierzu Schaps 1982, 193–213; zudem Creveld 2001; 2004, 263–274). Dies zeigt, wie sehr Frauen in das Kriegsgeschehen eingebunden waren. Bereits der Trojanische Krieg soll um einer Frau willen geführt worden sein, so man Homer Glauben schenken will. Doch zeigt das Epos auch Frauen, die als hilfloses Opfer dieses Krieges leiden.

Daneben kennt die griechisch-römische Antike aber auch Frauen, die sich nicht mit der Rolle des Kriegsopfers begnügten, sondern bestrebt waren, auch mit Waffengewalt,ohne Rücksicht auf den Verlust ihres Ansehens Macht und Einfluss zu erringen oder zu verteidigen. Stephan Schmal, der eine einfache Typologie kämpfender Frauen erstellt hat (Schmal 2007, 103–105), rechnet hierzu einzelne Herrscherinnen, „die ausnahmsweise durch den Tod des Mannes, des regulären Königs, oder durch andere dynastische Unregelmäßigkeiten an die Macht gekommen sind und die diese Macht auch offensiv und aggressiv ausübten, mithin ganz in die Rolle des Mannes schlüpften“ (ebd. 103). Eine Auswahl dieser Frauen sowie die antiken Quellen, die über sie berichten, sollen im Folgenden vorgestellt werden.

Ihr Auftreten als Herrscherinnen sowie ihr Einsatz im Kampf haben dabei in der hauptsächlich von Männern verfassten Literatur der Antike tiefe Spuren hinterlassen. In diesen Berichten ist das Überschreiten weiblicher Sinnhorizonte ohne Widerspruch möglich, wobei das Hauptaugenmerk auf den jeweiligen aktiv gesetzten Handlungen der Frauen liegt. Ihre offen zu Tage tretenden Auseinandersetzungen mit hauptsächlich männlichen Gegnern werden nicht verschwiegen oder verdrängt, sondern sind als Sinnbild weiblicher Tapferkeit zu verstehen, welche die mentale Basis für ihre gesellschaftliche Stellung als Herrscherin bildet.