Schule mit Migrationshintergrund

von: Ursula Neumann (Hrsg.), Jens Schneider (Hrsg.)

Waxmann Verlag GmbH, 2011

ISBN: 9783830974666 , 308 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: frei

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Preis: 22,40 EUR

Mehr zum Inhalt

Schule mit Migrationshintergrund


 

Regionale Bildungsgemeinschaften statt interkultureller Elternarbeit (S. 264-265)

Marika Schwaiger


Einführung


„Schule mit Migrationshintergrund“ zeichnet sich zum einen durch ihre heterogene Schülerschaft aus. „Diversity (is) our strength“ ist das Motto von Toronto, einer der weltweit heterogensten Großstädte (UNDP, 2004), und auch der Leitspruch seiner Schulbehörde. Diversity bezieht sich jedoch nicht nur auf die Zusammensetzung der Schülerschaft, sondern auf die Gesamtheit der Akteure, d.h. auch auf das pädagogische Personal und die Eltern sowie andere Mitarbeiter(innen) und außerschulische Partner(innen).

Schulentwicklungsprozesse, die eine Schule mit Migrationshintergrund als Ausgangspunkt oder zum Ziel haben, dürfen sich nicht darin erschöpfen, ein zusätzliches, parallel zu einem monokulturell gedachten Schulalltag einsetzbares Maßnahmenpaket für die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund und ihre Eltern zu schnüren, das herkunftsbedingte Diversitäten und Disparitäten als Normabweichungen und Probleme begreift und einzuebnen versucht. Vielmehr muss es darum gehen, von der Vielfalt und Verschiedenheit der Akteure als Normalität auszugehen und sie als Ressourcen für alle konstruktiv zu nutzen.

Nach diesem Verständnis ist die gesamte Bildungsarbeit der Schule mit Migrationshintergrund, die auch außerhalb des Unterrichts und der Schulen stattfi ndet, per se interkulturell. So orientiert sich auch die „Elternarbeit“ der Schule mit Migrationshintergrund, d.h. die Kooperation zwischen Elternhaus und Schule im Rahmen umfassender „Regionaler Bildungsgemeinschaften“ (vgl. hierzu Schwaiger & Neumann, 2010) oder Bildungsnetzwerke, die auch, aber nicht nur, auf die Beteiligung der Eltern an schulischen Aktivitäten und Schulentwicklungsprozessen abzielt und damit einen wichtigen Teilbereich schulischer und außerschulischer Bildungsarbeit darstellt, an einer in vielerlei Hinsicht heterogenen Elternschaft.

Ziel ist es einerseits, die Bedarfe „bildungsnaher“/„bildungserfahrener“ und „bildungsferner“/„bildungsunerfahrener“ Eltern sowie von Eltern mit und ohne Migrationshintergrund gleichermaßen zu berücksichtigen und ihre Mitwirkung gemäß ihrer Potenziale und Interessen zu fördern und andererseits, die Kommunikation und Kooperation der Eltern mit den Lehrkräften ihrer Kinder sowie aller Eltern miteinander zu fördern. Wenn von „Eltern mit Migrationshintergrund“, „Eltern mit Migrations- oder Zuwanderungsgeschichte“ oder „zugewanderten Eltern“ die Rede ist, darf – analog zur Gruppe der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund – nicht von einer homogenen Gruppe ausgegangen werden. Der „Migrationshintergrund“ oder „Migrationshinweis“ stellt kein geschlossenes Merkmalsbündel dar, anhand dessen Gruppen oder Einzelpersonen hinsichtlich ihres sozialen, kulturellen und ökonomischen Kapitals charakterisiert werden könnten.

Die genannten Attribute verweisen vielmehr auf heterogene Gruppen bezüglich ihrer Nationalität, ihres aufenthaltsrechtlichen Status sowie ihrer überwiegend gesprochenen Sprache und sekundär bezüglich ihrer Rechte in der Gesellschaft, ihres sozioökonomischen Status, ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer eigenen Migrationsgeschichte und -erfahrung, der Familienformen, der eigenen Bildungserfahrungen, der Vertrautheit mit dem hiesigen Bildungssystem, des Vertrauens oder Misstrauens gegenüber Institutionen und Behörden u.v.m.